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1. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 14

1894 - Breslau : Hirt
14 Geschichtliche Entwicklung. unter Konstantin aber werden als Hauptfeinde am Niederrhein dem Köl- nischen gegenüber die Brukterer genannt, unter Julian im Ruhrgebirge die Attuarier. Diese durch römische Hinterlist zerschlagenen und erwan- derten Stämme nämlich haben sich im Anschluß an Tenkterer, Mattiaken (Nassauer) und Chatten (Hessen) gegen die Mitte des 3. Jahrh. zu einem Waffenbunde gesammelt, vvn der römischen Oberherrschaft frei gemacht, und treten nun als solche, als Freie, d. i. Franken, auf, von den Römern die Ripuarier, d. i. Uferfranken, genannt, während die ebenfalls um selbe Zeit von der Issel im S all an de vorstürmenden Germanen als Salische und Chamavische Franken erscheinen. In Westfalen aber saß seit Verdrängung der alten Bevölkerung, seit dem Ende des 1. Jahrh., ruhig und seßhaft das Bauernvolk der Engern (Angrivarier-Chaukeu). Kämpfe mit den Römern werden aus diesen Gegen- den bis zum 3. Jahrh. nirgend gemeldet. Aber auch die Engern, die Verdränger der alten Teutoburgvölker, ereilte fast wie eine Nemesis ein ähn- liches Schicksal. Im 4. Jahrh. nämlich dringt aus Schleswig-Holstein das Kriegsvolk der Sachsen erobernd in Westfalen ein, unterwirft das ganze Land, läßt aber die alte engrische Bevölkerung teils frei, teils in Hörigkeit sitzen; daher die vielen halbfreien Laten, Liten, Lassen des neuen sächsischen Frei- staates, der sich nunmehr unter Häuptlingen, und für den Kriegsfall unter einem erwählten Herzog stehend, in vier große Bezirke gliedert! Westfalen zwischen Rhein und Osning-Egge; Engern im Weserlande an beiden Ufern des Flusses; Ostsalen bis zum linken Elbufer, und Transalbingien, das überelbische sächsische Stammland. Unter diesen Namen finden wir die Landes- teilung zur Zeit Karls des Großen. Markloh an der Weser wird uns als Platz für das große sächsische Volksthing genannt, zu welchem Edeliuge, Friliuge und Liten aus ganz Sachsen ihre Vertreter sandten. Merk- würdigerweise dringen die erobernden Sachsen, schon im 4. Jahrh. heftige Feinde der rheinländischen Franken, an keinem Punkte bis hart an den Rhein vor; überall bleibt ein breiterer oder schmalerer Landstreifen zwischen dem sächsischen Westfalen und dem Stromufer fränkisch. Dies ist eben die alte (S. 13 Anm. genannte) Römerreichsgrenze, von den Römern im 4. Jahrh. den Franken überlassen, dann von diesen als Rechtsnachfolgern der Römer aufs schärfste gegen die vordringenden Sachsen-Westfalen verteidigt und gehalten. 2. Mittelalter. Vom 5. bis 8. Jahrh. meldet die Geschichte wenig über Westfalen; nur stete Kämpfe der Sachsen mit den merovingischen Königen und Haus- meiern in der Nähe der alten Römergrenze; die Eroberung Sachsens gelingt erst Karl dem Großen in den gewaltigen Kriegen von 772 bis 804; sein Gegner Herzog Wittekind läßt sich 785 taufen. Es folgt die Gründung der Bistümer Osnabrück, Minden, Paderborn, Münster, die Ein- richtung der Pfarreien innerhalb der Grenzen alter Gerichtssprengel; inmitten der alten Bauerschaften entstehen Kirchdörfer und Marktflecken, von denen manche später zu ummauerten Städten werden. Die fränkischen Gerichts- und Verwaltungsdistrikte heißen Gaue;

2. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. 14

1907 - Breslau : Hirt
14 Y. Geschichtliche Entwicklung. Konstantin aber werden als Hauptfeinde am Niederrhein dem Kölnischen gegenüber die Brukterer genannt, unter Julian im Ruhrgebirge die Attuarier. Diese durch römische Hinterlist zerschlagenen und entwanderten Stämme nämlich haben sich im Anschluß an Teukterer, Mattiaken (Nassauer) und Chatten (Hessen) gegen die Mitte des 3. Jahrh. zu einem Waffen- bunde gesammelt, von der römischen Oberherrschaft freigemacht, und treten nun als solche, als Freie, d.i. Franken, auf, von den Römern die Ripuarier, d. i. Uferfranken, genannt, während die ebenfalls um dieselbe Zeit von der Issel im Sallande vorstürmenden Germanen als Salische und Chama- vische Franken erscheinen. In Westfalen aber saß seit Verdrängung der alten Bevölkerung, seit dem Ende des 1. Jahrh., ruhig und seßhaft das Bauernvolk der Engern (Angrivarier-Chanken). Kämpfe mit den Römern werden aus diesen Gegen- den bis zum 3. Jahrh. nirgends gemeldet. Aber auch die Engern, die Ver- dränger der alten Teutoburgvölker, ereilte fast wie eine Nemesis ein ähnliches Schicksal. Im 4. Jahrh. nämlich dringt aus Schleswig-Holstein das Kriegsvolk der Sachsen erobernd in Westfalen ein, unterwirft das ganze Laud, läßt aber die alte engrifche Bevölkerung teils frei, teils in Hörigkeit sitzen; daher die vielen halbfreien Laten, Liten, Lasten des neuen sächsischen Frei- staates, der sich, uunmehr unter Häuptlingen und für den Kriegsfall unter einem erwählten Herzog stehend, in vier große Bezirke gliedert! Westfalen zwischen Rhein und Osning-Egge; En gern im Weserlande an beiden Ufern des Flusses; Ostfalen bis zum linken Elbufer, und Transalbingien, das überelbische sächsische Stammland. Unter diesen Namen finden wir die Landes- teilnng zur Zeit Karls des Großen. Markloh an der Wefer wird uns als Platz für das große sächsische Volksthing genannt, zu welchem Edelinge, Frilinge und Liten aus ganz Sachsen ihre Vertreter sandten. Merk- würdigerweise dringen die erobernden Sachsen, schon im 4. Jahrh. heftige Feinde der rheinländifchen Franken, an keinem Punkte bis hart an den Rhein vor; überall bleibt ein breiterer oder schmalerer Landstreifen zwischen dem sächsischen Westfalen und dem Stromufer fränkisch. Dies ist eben die alte Römerreichsgrenze (s. S. 13 Anm.), von den Römern im 4. Jahrh. den Franken überlassen, dann von diesen als Rechtsnachfolgern der Römer aufs schärfste gegen die vordringenden Sachsen-Westfalen verteidigt und gehalten. 2. Mittelalter. Vom 5. bis 6. Jahrh. meldet die Geschichte wenig über Westfalen; nur stete Kämpfe der Sachsen mit den merowingischen Königen und Haus- meiern in der Nähe der alten Römergrenze; die Eroberung Sachsens gelingt erst Karl dem Großen in den gewaltigen Kriegen von 772 bis 804; sein Gegner Herzog Wittekind (s. Abb. 16) läßt sich 785 taufen. Es folgt die Gründung der Bistümer Osnabrück, Minden, Paderborn, Münster, die Einrichtung der Pfarreien innerhalb der Grenzen alter Gerichtssprengel; inmitten der alten Bauerschaften entstehen Kirchdörfer und Marktstecken, von denen manche später zu ummauerten Städten werden. Die fränkischen Gerichts- und Verwaltnngsdistrikte heißen Gaue;

3. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 175

1912 - Stadthagen : Heine
175 — nach Westen ging. Sa konnte niemand bevorzugt werden. Jeder bekam gutes und schlechtes, naheliegendes und entferntes Ackerland. Angesehene Volksgenossen erhielten mehrere Lose. Aus allen Feldern mußte dieselbe Frucht gebaut werden, auch die Bewirtschaftung gleichzeitig geschehen. Ferner nutzte jeder dulden, datz aus seinen! Brachlande geweidet und über seinen Acker gefahren wurde. Neben der Feldgemeinschaft herrschte also der Flurzwang. — Allmäh- lich mangelte es hier wie bei anderen Volksstämmen infolge von Über- völkerung an dem erforderlichen Grund und Boden. Darin liegt jedenfalls eine der Veranlassungen, die zur späteren Völkerwan- derung führten. Was die Ackerbewirtschaftung anbetrifft, so war die Herbst- bestellung, auch die Obstkultur, der Garten- und Wiesenbau aufäng- lich noch unbekannt, das Ackerland noch nicht dauernd vou Wald- und Weideland geschieden. Aber während noch zu Casars Zeit alljährlich ein neues Stück Wildland verteilt und iu Anbau ge- nommen wird, werden zur Zeit des Tacitus schon in längeren Zwischenräumen neue Ackerfluren abgegrenzt und unter den Pflug genommen. Da mau deu Acker nicht düngte, konnte mau ihu nur einige Jahre hintereinander bebauen; dann ließ man ihn ebenso lange brach liegen. Der Ubergang von dieser sogenannten Wechsel- oder Zweifelderwirtschaft zur Dreifelderwirtschaft durch Ein- sührung der Wintersaaten hat sich erst viel später vollzogen, aber noch längere Zeit vor Karl dem Großen. Staatliche Einrichtungen. Die Bevölkerung war in drei Stände geschieden. Als vornehmste Klasse galt durch Ansehen und Besitz der Adel (westgerm. etheling, althochd. adaling), aus dem in der Regel die Führer gewählt wurden. Die große Masse des Volkes bildeten die Freien, die alle gleichberechtigt waren. Die Unfreien (Knechte, Sklaven) waren Kriegsgefangene, Fremde oder durch freiwillige Unterwerfung aufgenommene Kolonisten. Sie dienten als Hausgesinde oder hatten als Landsiedler bestimmte Ab- gaben und Herrendienste (Fronden) zu leisten; ihre Zahl war nicht bedeutend. Ein Unfreier konnte für besondere Verdienste durch Wehrhastmachung (Belehnung mit Schild und Speer) auf Beschluß der Volksversammlung freigelassen werden. — Bei den Westgermanen gab es noch als Zwischenstufe zwischen Freien und Unfreien die

4. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 176

1912 - Stadthagen : Heine
176 — Hörigen. Das waren gewaltsam unterworfene und auf fremdem Grund und Boden angesiedelte Leute, die später allgemein als Laten bezeichnet werden. Alle nahverwandten Familien bildeten eine Sippe und blieben ursprünglich zusammen. Mehrere Sippen oder Geschlechter waren zu Heereszwecken als Hundertschaften vereinigt. Darunter ist in Niedersachsen, wo man nach dem sogen. Großhuudert zählt, eine Anzahl von 120 wehrhaften Männern zu verstehen, die aber mit Frauen, Kindern und Knechten gewiß mehrere hundert Köpfe um- faßte. Als übergeordnete Heeresabteilungen über deu Hundert- schaften erscheinen in der ältesten Zeit die Tausendschaften. Aber schon zur Zeit des Tacitus gelten bei diesen Bezeichuungen für die Zufammenfetznng des Volksheeres nicht mehr die Zahlen, sondern nur noch die Namen; es ist also gleichgültig, ob die Hundertzahl hundert Manu oder huudert Familieu bedeutet. Vielmehr ist uuter einer Hundertschaft bereits ein räumlich begrenztes Gebiet zu ver- stehen, das einen eigenen Gerichtsbezirk darstellt und nuumehr als Gau bezeichnet wird. Der Gau bildet somit den engsten staatlichen Verbaud, wie die Markgenossenschaft die engste wirtschaftliche Vereinigung. In vielen Fällen wird Wohl die Zusammenlegung mehrerer Hundertschaften zu einem Gau erfolgt fein. Zahl und Größe der Gaue innerhalb des einzelnen Volksstammes war sehr verschieden. An der Spitze eines Gaues stand ein gewählter Führer (Fürst), der vor allem auch das Richteramt auszuüben hatte. Er Pflegte sich aus jüngeren und älteren Männern ein Gefolge zu bilden, das ihm im Kriege als Leibwache, im Frieden als ständiges Ehren- geleite diente. In das Gefolge konnte nnr eintreten, wer das Waffenrecht besaß. Die Mannen waren ihrem Herrn tren ergeben, der ihnen dafür Unterhalt und Geschenke gewährte. Im übrigen ist die Gauverfassung der alten Germanen in Dunkel gehüllt. Kriegswesen. Die germanische Heeresverfassung beruhte auf der Wehrpflicht aller waffenfähigen Männer. Nnr Unfreie, Hörige und ihrer Ehre verlnftige Freie gehörten nicht znm Heere. Das Heer war nach Ganen, Hnndertfchaften, Geschlechtern, Sippschaften gegliedert und bestand fast nnr aus Fußtruppen. Es wurde in keilförmigen Kolonnen anfgeftellt. Das Aufgebot zur Heerfahrt

5. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 193

1912 - Stadthagen : Heine
— 193 — Schläge. Jedes Feld wurde der Reihe nach im ersten Jahre mit Winterkorn Moggen, Weizen), im zweiten mit Sommerkorn (Hafer, Gerste) bestellt und diente im dritten als Brachland zur Gemeindeweide. Die Zahl der Gewanne, die jedes Feld umfaßte, richtete sich nach der Bodenbeschaffenheit. Die einzelnen Acker- stücke waren in der Regel alle von gleicher Breite (daher „Breiten"), während die Länge verschieden sein konnte; nur die zur Pflugwende benutzten Äcker (Anwandäcker, „Anewenge") erhielten zur Entschädigung größere Breite. In besonderen Fällen wurde die Größe der Äcker mit der Rute oder dem Meßseil festgestellt. War ein Gewann für die erforderliche Zahl von Ackerstücken zu klein, so wurde ein zweites hinzugenommen. Was in die Gewanne wegen ihrer Form als Parallelogramme nicht paßte, blieb als sogenannte Ger (von der keil- förmigen Gestalt) unverteilt liegen. Größe der Höfe. Der Gesamtbesitz einer Familie an Ackerstücken inner- halb der einzelnen Gewanne wurde eine Hufe genannt (die altdeutsche Be- zeichnung huoba für Hufe hängt nicht mit Hof zusammen). Die nach dem durchschnittlichen Bedürfnis einer Haushaltung berechnete Größe einer Hufe be- trug in unserer Heimat 60 Tagwerk (anderswo oft 30). Unter Tagwerk ver- stand man kein bestimmtes Flächenmaß, sondern ein Stück Ackerland, das man mit einem Gespann an einem Vormittag (daher „Morgen") umpflügen konnte. Ein Hof hatte also gewöhnlich 60 Morgen Land (Pflug- und Brachland zu- sammen), wovon aber in älterer Zeit nur 20 Morgen oder wenig darüber wirk- liches Ackerland gewesen sein werden. Stände. Das freie sächsische Volk gliederte sich in drei kästen- artig streng voneinander geschiedene Stände: Edeliuge, Frielinge und Laten. Die Edelinge (mobiles) standen über den anderen Klassen; ihnen entstammen die im Laufe der Zeit zu erblicher Ge- walt gelangten Fürstengeschlechter. Die Frielinge besaßen Grund- eigentnm und dieselben politischen Rechte wie jene. Die Laten oder Liteu (S. 176) waren persönlich freie, aber abgabenpflichtige Leute und bildeten die große Masse der Ackerbau treibenden Bevölkerung. Außerhalb der Volksgemeinschaft standen die Sklaven, meist Kriegsgefangene und deren Nachkommen; sie mußten im Haus- halt oder auf den Höfen ihrer Herren, denen auch das Wergeld (S. 196) zukam, tätig sein. Bei Todesstrafe war die Vermäh- lnng mit einer Frau höheren Standes verboten. Gane. Das Land zerfiel in Gaue. An der Spitze standen Häuptlinge, Alteste, unter deren Leitung die Gaugenossen zur Ver- sammlung zusammentraten, Recht sprachen und notwendige Ange- legenheiten regelten. Eine weitere Obrigkeit gab es in Friedens- gelten nicht. Im Falle eines Krieges ordnete man sich gemeinsamen Führern oder Herzögen unter (S. 177). So werden um 775 drei 13

6. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 200

1912 - Stadthagen : Heine
— 200 — die Wiederherstellung ihrer alten Rechte versprach, wie sie einst ihre Väter als Heiden gehabt hatten. Da schlössen sich die Sachsen zu dem furchtbaren Stellingabunde zusammen (Stellinge — Wiederher- steller) und erhoben sich gegen Ludwig den Deutschen und die von ihm begünstigten Edelinge, so daß ein Bauernaufstand mit all seinen Greueln das Land durchtobte. Aber Ludwig siegte und erstickte den Aufstand in Blut: 140 Führer wurden enthauptet, 14 gehängt, „uuzähliche", so heißt es, an den Gliedmaßen verstümmelt. Der kühne Versuch, zur alten Freiheit, zum alteu Recht zurückzu- kehren, hatte ein Ende mit Schrecken genommen. Aber statt der erhofften Verbesserung gestaltete sich die Lage in der Folgezeit erst recht ungünstig, denn die Menge der sächsischen Bevölkerung wurde von den Großen des Landes mehr und mehr abhängig, während diese selbst immer größere Macht erlangten. Das Kehnsivesen. Mit der Frankenherrschast war auch das Lehnswesen uach Deutschland gekommen. Es beruhte darauf, daß der König den Großen seines Reiches für ihre Dienste oder Amts- sührung statt Geld Ländereien, Güter und Burgen zur Nutzung lieh (Lehen), und daß auch diese ihrerseits ebenfalls wieder Güter zu Lehen gaben. Der Belehnte (Vasall) war feinem Lehnsherrn (dem Könige, Herzoge, Grafen, Bischof) zum Kriegsdienste ver- pflichtet. Kleinere Lehen konnten an andere Lehnsträger weiterge- geben werden (Afterlehen), deren Inhaber wiederum diesen Lehns- leuten untergeordnet und zur Treue verpflichtet waren. Schließlich wurde auch ein Amt zu Lehen gegeben. Aus dem vom Könige selbst in Besitz genommenen Grundeigentum vertriebener oder ver- nichteter Geschlechter entstanden die überaus reichen Krongüter (Domänen), während auch viel Grund und Boden als freies Eigen- tum (Allod) feinen Kriegsgefährten überlassen wurde. Das Lehnswesen führte nicht nur eiue Änderung der Besitz- Verhältnisse, sondern auch des Kriegsdienstes herbei. Es zogen nicht mehr die freien Männer, fondern die Lehnsherren mit ihren Vasallen ins Feld. Viele der Vasallen stellten sich künftig als Reiter ein. Der geringe Mann konnte die Kosten des Reiterdienstes nicht leisten und befreite sich darum von der Heerpflicht durch jährliche Zahlung einer Steuer (später Grafenschatz). Die Reiter wurden bald allgemein Ritter genannt. Der Ritterstand, dessen Blüte in die Zeit der

7. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 201

1912 - Stadthagen : Heine
— 201 — Kreuzzüge fällt, umfaßte nunmehr außer Edlen und Freien auch wohlhabende Hörige, aus denen der niedere Adel hervorging. Das Reiterheer spielte fortan bei der Kriegführung die Hauptrolle, nicht mehr die Fußtruppe, das alte Graffchaftsaufgebot der Baueru zum Heerbann. So nahm das Ansehen der Bauern allmählich ab, zugleich aber auch die kriegerische Tüchtigkeit des ganzen Volkes. Der Verlust der altgermanischen Freiheit und Selbständig- keit zeigte sich auch in der veränderten wirtschaftlichen Lage der Bauern. Die vielen Aufstände, Kriege und Ver- heerungen hatten ihre Lathnsen, wie die Hose damals genannt wurden, zurückgebracht, und in vielen Fällen zu Teilungen oder Verkäufen geführt, während der Grundbesitz weltlicher und geist- licher Herren so angewachsen war, daß diese nach und nach ein Obereigentum an Grund und Boden und damit schließlich das Recht der Grundherrschaft erlangt hatten. In der Hoffnung auf Schutz und Förderung seiner Wirtschaft übertrug nun der Bauer freiwillig oder dazu gedrängt seinen Hof einem Grundherrn, um ihn dann aus dessen Hand gegen Entrichtung bestimmter Abgabeu (Zinsen) oder gegen Leistung unentgeltlicher Dienste (Fronden) als Lehen wiederzuerhalten. So wurde der ursprünglich freie Bauer als Zins- oder Fronbauer Lehnsmann eines Adeligen, eines Klosters oder einer Kirche. Andere Dorfbewohner, die keine selbständige Ackerwirtschaft betrieben und auch selten Haus und Garten hatten, gehörten dem Grundherrn ganz zu eigen (leibeigen). Die Leibeigenen hatten in der Regel keine Abgaben zu entrichten, sondern nur Dienste zu leisten, aber nicht wie die Hörigen mit Be- schränkung auf bestimmte Tage (gemessene), sondern Tag für Tag (ungemessene Dienste). Oft gingen ganze Gemeinden in grund- herrlichen Besitz über, während wieder in manchen Dörfern grund- herrliche und freie Höfe oder grundherrliche Höfe verschiedener Herren nebeneinander bestanden. Ein gänzlich freier Bauernstand erhielt sich in größerem Umfange nur in den Marschen des nörd- lichen Sachsens. Die Meiergutsverfasfung. Mit dem fränkischen Recht hatte auch die karoliugische Güterverwaltung Eingang in Sachsen gefunden. Nach dem Vorbilde der großen königlichen Güter, die seit der Karolingerzeit her zusammenhängende Gebiete und einheit-

8. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 214

1912 - Stadthagen : Heine
— 214 — dem Nesselberge soll später auch das Wappen der Schaumburger eutlehut sein, das bekannte Nesselblatt. (Das Nesselblatt tritt erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts auf. Das ursprüngliche Wappen der Schaumburger war ein blauer Löwe in weißem Felde.) Jene Erzählungen von der Entstehung der Grafschaft Schaum- bürg stützen sich auf die Nachrichten des Dominikanermönches Hermann von Lerbeke, der um die Wende des 14. Jahrhunderts in Minden lebte und durch seine Mindener Bistums- und Schaum- burger Graseuchrouik bekannt ist. Die Geschichte berichtet uns da- gegen, daß Konrad nur im Jahre 1025 und 1033 für kurze Zeit in Minden anwesend war. Nach sicheren Urkunden*) hatten die Schaumburger noch bis Ende des 15. Jahrhunderts Güterbesitz im Magdeburgischen. Da diese Besitzungen vorher Eigentum der Wal- becker Grafen waren, fo hat man angenommen, daß die Schaum- burger diesem Hause entstammen (Wippermaun. Bukkigau). Durch Erbschaft waren die Besitzungen des Edlen Wirinhardus (S. 212) auf dessen Tochter Godila übergegangen und in weiterem Verlaufe auf deren Nachkommen Adolf von Santersleben, der aber auch sonst am Deister (Rodenberg, Gehrden) begütert gewesen sein wird. Jedenfalls stehen sie auch mit dem Geschlechte der Brunonen in Verbindung, den Nachkommen jenes Bruno, der sich als Heerführer der Sachsen in Engern im Jahre 775 Karl dem Großen unterwarf (S. 195). Diesem Geschlechte entspringen wohl alle bis etwa 1100 in Sachsen zur Herrschaft gelangten Familien. Solche verwandtschaftliche Beziehungen neben einem bedeuten- den Grundbesitz (außer dem erwähnten in der Altmark auch in Stormarn) erklären es, daß die Schaumburger schon im 11. Jahr- hundert vielleicht als Herren von Gehrden oder Rodenberg uuter den übrigen Adelsgeschlechtern im mittleren Wesergebiet zu einer hervorragenden Stellung gelangt waren. Ihre sicher gelegene Feste Schaumburg diente ihnen als Stützpunkt in den mancherlei Kämpfen und Fehden, die sie hier mit anderen Geschlechtern um die weitere Ausbreitung ihres Einflusses auszusechten hatten. Ein Geschlecht nach dem andern fügte sich schließlich diesen mächtigen Burgherren. Ihr Ansehen wuchs so schnell, daß sie schon srüh bedeutende aus- wärtige Lehnsgüter erhielten. *) Urk Samml. von Capaun, Reg.- u. Kons. Sekret, in Bückeburg (f 1822).

9. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 261

1912 - Stadthagen : Heine
— 261 — nämlich das Fort Georg auf dem Klütberge bei Hameln und das portugiesische Fort de la Lippe an der spanischen Grenze. Ein drittes Werk dieser Art ist in unserm eigenen Lande vorhanden; es ist der Wilhelmstein im Steinhuder Meere. Aus der dort vom Grafen errichteten Kriegsschule ist der berühmte General Scharnhorst hervorgegangen. Ganz besonders galt des Grafen Fürsorge auch dem Wirt- schaftlichen Aufschwünge seines Landes. Er arbeitete zahlreiche Vorschriften und Anweisungen aus, wie der Acker- und Wiesenbau und dergl. zu heben sei; über die Erfolge forderte er sorgfältige Berichte ein. Auch setzte er Versammlungen angesehener Hauswirte aus Stadt und Land an, um über gemeinnützige Angelegenheiten frei zu beraten. Viel ödes Land wurde urbar gemacht und für den Ackerbau gewonnen. Die Obstbaumzucht wurde auf seine Anordnung hin eifrig gefördert. Seinen verdienten Soldaten schenkte er Wohn- Häuser und Ackerland. Die herrschaftlichen Vorwerke ließ er als Pachtländereien vereinzeln, um eine beffere Bewirtschaftung zu erzielen. Kleineren Leuten überwies er Land zur Ansiedelung und befreite sie für bestimmte Zeit vou Abgaben und sonstigen Lasten. Auch die Lage der damals sehr bedrängten Bauern suchte er zu bessern, indem er die Frondienste abschaffte, so daß sie künftig für ihre dem Staate geleistete Arbeit bezahlt wurden. Neben der Landwirtschaft förderte er Gewerbe und Industrie durch mehrere Anlagen. So entstanden auf dem Lande Ziegeleien, in Steinhude eine Schokoladen- und Damastfabrik, bei der Arensburg ein Eifen- Hammer und eine Papiermühle, in Bückeburg eine Gießerei, die damals zu den vorzüglichsten Deutschlands zählte, und noch manche andere Einrichtungen. Besonders hob er Spinnerei und Weberei im Lande. Für die Handwerker errichtete er eine Vorschußkasse, aus der fleißige Meister Geld zinsfrei geliehen erhielten. Eine von ihm gegründete Brandversicherungskasse gewährte Unterstützungen bei Feuerschaden. Große Geldsummen setzte er für die Verpflegung armer Leute aus. Auf allen Gebieten eiferte er durch Belohnungen und Auszeichnungen an, um ein wirtschaftlich tüchtiges Geschlecht zu erziehen. Er wurde darum nicht nur als Feldherr, sondern auch als Landesvater von seinen Untertanen bewundert und geliebt. Bei all dieser vielseitigen Tätigkeit war er ein eifriger Freund und Förderer von Kunst und Wissenschaft. Er felbst strebte auf

10. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 286

1912 - Stadthagen : Heine
286 bereits durch Besitz oder Ansehen eine besondere Machtstellung erlangt hatten, förderten die Anlage neuer Orte, indem sie einen Trupp ihrer Leute in den Urwald zur Ansiedelung schickten. Die Lichtung des Waldes aber konnte allen Siedlern nur erwünscht sein, weil dadurch ja die wilden Tiere zurückgedrängt wurden, die dem Vieh und deu Feldern so sehr schadeten. Siedelungen dieser Art enthalten das Grundwort dors, das in unserer Gegend viel vorkommt, z. B. in Bergdors, Selliendorf, Echtorf, Gelldorf, Volksdorf, Beckedorf, Ohndorf usw.; die ältere Form trup, z. B. in Barntrup (Lippe), ist durch Lautverschiebung turp, thorp, dorp, dors geworden. Ebenso häufig wie die Formen aus dorf sind aus dieser Zeit die Orts- bezeichnuugen auf seu oder Hausen, die iu der Regel den Sitz eines ursprünglich Freien bezeichnen, z. B. Blyinghausen (Blido), Habrihansen, Heuerßen (Hoger), Kobbensen (Kobbo), Tallensen, Le- vesen, Deinsen, Widdensen, Meinsen usw. Andere Ortsnamen sind solche mit seld, holz, städt, rode usw. (Meinefeld, Wackerfeld, Buch- holz, Nienstädt, Rodenberg, Rohden, Hohenrode, Raden). Ein weiterer Ausbau des Landes erfolgte im 12. und 13. Jahr- hundert durch die Anlage der Hagendörfer, die auf Veranlassung der Landesherren entstanden (S. 90). Diese Neusiedelungen finden sich hauptsächlich im östlichen Teile des heutigen Fürstentums; jeden- falls waren hier keine Markgenossenschaften vorhanden. Die Hagen- dörfer sind Reihendörfer und unterscheiden sich als solche von unseren älteren Ortschaften, die wegen der zerstreuten Lage der Höfe als Haufendörfer erscheinen. Das 14. Jahrhundert bezeichnet den Anfang unserer Städte, an deren Stelle ursprünglich außer der gräflichen Burg uur einige Wirtschaftshöfe lagen. Durch Heranziehen von Dienstleuten, Ar- beitern, Handwerkern usw. gegen Zusicherung gewisser Freiheiten und Rechte wuchs der Ort allmählich zur Stadt heran. Wie langsam diese Entwicklung manchmal vor sich ging, zeigt das Bei- spiel von Bückeburg. Der Ort wurde erst am 4. Februar 1609 durch die Errichtung von Märkten zur wirklichen Stadt erhoben; es heißt in dieser Verordn.: „Zur Hebung des Erwerbs und Ver- dienstes sollen in Bückeburg jährlich 2 Jahrmärkte gehalten werden, der eine Montag nach Jnvocavit, der andere Montag nach Bartholo- maus, je 3 Tage. Der Magistrat kann Stättegeld heben. Auch werden 2 Wochenmärkte eingerichtet, Dienstag und Freitag". Noch
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